1. Herr Jolly, schön, dass Sie sich die Zeit nehmen. Sind Sie gut in den USA gelandet? Ja, mit drei Stunden Verspätung aber wohlauf.

 

2. Jetzt mal von ganz weit weg betrachtet: Was bedeutet Heimat für Sie? Sich wohlzufühlen, ein passendes Umfeld zu haben, auch mit der Familie, in dem man sich weiterentwickeln kann. Es bedarf Möglichkeiten der Mitgestaltung und Anpassung, auch wenn nicht immer alles optimal ist.

3. Können Sie das besser im Erzgebirge oder in Frankreich?

Im Erzgebirge habe ich diese Voraussetzungen für mich persönlich gefunden. Mir hat gefallen, dass ein Handschlag hier noch eine Bedeutung hat. Es geht darum, Sachen zu machen und nicht bloß darüber zu reden. Auch die Natur ist hier sehr schön, es gibt viele Möglichkeiten, rauszugehen und sich sportlich zu betätigen. Ich würde mich mittlerweile auch unabhängig von der Arbeit entscheiden, hier zu bleiben, weil ich mich einfach wohlfühle.

4. Wie steht es denn in Ihrer Familie mit der Heimat: Sachsen und Erzgebirge oder eher die Wurzeln in Frankreich?

Wir hatten damals in Frankreich ein Haus gebaut und wollten eigentlich nur für vier Jahre ins Erzgebirge. Dann sind wir zurück nach Frankreich gezogen und haben nach sechs Monaten festgestellt, dass das leider nicht so funktioniert hat, wie wir uns das vorgestellt hatten. Da war für meine Frau und mich auch klar: Das Erzgebirge ist unsere neue Heimat! Das war nicht nur meine, sondern unsere gemeinsame Entscheidung. Unsere Kinder hatten ja die Hälfte ihres Lebens zuvor in Deutschland verbracht. Die haben gesagt: „Endlich geht’s nach Hause!“.

5. Was haben Sie in Sachsen gefunden, was es andernorts nicht gibt?

Erstmal war ich ja nur zum Arbeiten hier. Dann habe ich die Menschen entdeckt, natürlich auch die Landschaft, das Erzgebirge, das Elbsandsteingebirge, mit Dresden und Leipzig gibt es ganz in der Nähe zwei wunderschöne Großstädte. Dazu kommen ein hervorragendes Schulsystem und die Möglichkeit verschiedensten Sportarten nachzugehen. In Oberwiesenthal gibt es beste Voraussetzungen für richtig gute Sportler in allen Bereichen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Es gibt hier auch überall die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln, etwa die Universitäten in Dresden, Chemnitz und Leipzig, um nur drei Beispiele zu nennen. Da steht Sachsen deutschlandweit und international sehr gut da.

6. Welche Sportarten treiben Sie denn nach draußen? Ich fahre viel Fahrrad, mache Langlauf, fliege Gleitschirm, wo hier perfekte Voraussetzungen gegeben sind. Meine Kinder lieben außerdem Wintersport.

7. Was gibt es denn in Frankreich, was es im Erzgebirge nicht gibt? Die Esskultur ist eine andere und auch die Weinkultur. Das wird einfach anders gelebt, nicht negativer - aber eben anders. Man lernt schnell, damit umzugehen.

8. Wie steht es denn um den Dialekt im Erzgebirge, verstehen Sie alles und werden Sie auch verstanden? Ein klares Jein. Hier verstehe ich schon viel, aber wenn meine Freunde in voller Geschwindigkeit ihren Dialekt sprechen, bin ich verloren. Mit mir reden sie aber Hochdeutsch. Ich komme im Gespräch relativ gut klar mit den Dialekten aus den ganzen Dörfern und Tälern hier. Die verstehen sich untereinander nicht mal richtig und das beruhigt mich immer. Ich wiederhole mich öfter, um klar verstanden zu werden. Ich kann auch ein bisschen erzgebirgisch. 

9. Träumen Sie auf Deutsch oder auf Französisch? In letzter Zeit häufiger auf Deutsch. Ich habe auch letztens beim Sport mein Kind angefeuert und ein Video dabei gedreht. Als ich das angeschaut habe, habe ich erst gemerkt, dass ich Deutsch mit ihm gesprochen habe, wo ich doch normalerweise Französisch mit ihm rede. Ich habe das gar nicht gemerkt. 

10. Wie oft besuchen Sie die Familie in Frankreich?  Einmal pro Jahr. Die Familie kommt auch regelmäßig hierher. Sie mögen das Erzgebirge sehr und finden die Region einfach toll. An einem Wochenende waren hier 16 Leute aus ganz Frankreich, die den Geburtstag meines Sohnes gefeiert haben. Seit einem Jahr arbeitet außerdem noch ein Franzose in unserer Firma und lebt im Erzgebirge.

11. Wie ist denn da der Kontakt entstanden?  Er hatte sich gemeldet und sich auf einen Praktikumsplatz beworben. Meine Kollegen haben ihn mir dann empfohlen, da war ich gar nicht involviert, habe nur mein okay gegeben. Es hat alles sehr gut gepasst und dann haben wir ihn eingestellt. 

12. Hat er sich denn schon gut eingelebt? Ja total. Er fühlt sich hier sehr wohl, seine Freundin ist auch mitgekommen, das ist einfach super.  

13. Dann gibt es ja bald eine kleine französische Enklave im Erzgebirge? Das haben wir auch gesagt. Hauptsache ist, dass es Leute sind, die gut passen und sich hier in einer schönen Ecke ansiedeln können.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit der zweiten Produktionsstätte in den USA!

Bildnachweis: Marc Jolly, Boris Kaiser/Regionalmanagement Erzgebirge